Robe und Recht: Der Freistaat Bayern

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In keinem anderen Bundesland wird die Tracht noch so zelebriert wie es in Bayern der Fall ist. Pünktlich zum Oktoberfest laufen alle Schneidereien heiß, um die Trachtbesessenen mit genügend Dirndls und Lederhosen zu versorgen. Doch wie steht es um eine andere Tracht in Bayern? Im folgenden Beitrag möchte ich mich mit der Amtstracht bayerischer Staatsdienerinnen und Staatsdiener etwas näher beschäftigen.

 

In robentechnischer Hinsicht hat zuletzt der Rechtsanwalt Norman Synec für besonderes Aufsehen im Freistaat Bayern gesorgt:

Da er in einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Augsburg nicht in Robe erschienen war, wurde die Verhandlung vom zuständigen Richter kurzerhand vertagt. Der betroffene Anwalt ließ sich dies nicht gefallen und erhob deshalb vor dem Landgericht Augsburg Klage auf Schadensersatz für seine Reisekosten und den Verdienstausfall im Wege der Amtshaftung gegen den Freistaat Bayern.
Das Landgericht Augsburg folgte seiner Auffassung jedoch nicht und entschied, dass Rechtsanwälte sowohl vor dem Amts- als auch vor dem Landgericht aus Gewohnheitsrecht eine schwarze Robe zu tragen haben, um als Organ der Rechtspflege erkennbar zu sein. Norman Synec  legte gegen diese Entscheidung des Landgerichts Augsburg sodann Berufung ein, sodass das Oberlandesgericht München sich mit dieser Sache zu befassen hatte.

Dieses stellte klar: Vor den Amtsgerichten besteht keine (gewohnheitsrechtliche) Verpflichtung zum Tragen einer Robe. Dies werde schon aus § 20 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) deutlich, welcher lautet:

„Der Rechtsanwalt trägt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist. Eine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht.“

Aufgrund der Tatsache, dass schon die Berufsordnung keine Pflicht zum Tragen einer Robe vor den Amtsgerichten für Rechtsanwälte vorsieht, könne nach Ansicht  des Oberlandesgerichtes auch keine gewohnheitsrechtliche Verpflichtung in dieser Hinsicht bestehen. Die Entscheidung des damals zuständigen Richters am Amtsgerichts Augsburg sei demnach rechtswidrig gewesen. Selbst wenn der Amtsrichter eine Verletzung von Gewohnheitsrecht hätte annehmen dürfen, wäre seine Reaktion unverhältnismäßig gewesen, da er die Sitzung innerhalb von zwei Minuten abgebrochen habe. Außerdem hätte eine solche Maßnahme dazu führen können, dass Synec vor seinem Mandanten kompromittiert worden wäre.

Ob sich aus dieser Pflichtverletzung allerdings auch ein Schadensersatzanspruch ableiten ließ, wollte das OLG München zunächst nicht genau klären, musste dies allerdings auch nicht mehr, da Herr Synec sich mit der Feststellung zufrieden gab, dass vor dem Amtsgericht zumindest für Rechtsanwälte keine Robenpflicht bestehe und seine Klage auf Schadensersatz zurückzog. Dazu führte er aus, dass es ihm eher ums Prinzip als ums Geld gehe und die Entscheidung des OLG München ohnehin eine Ohrfeige für die Augsburger Justiz sei.

Allerdings betrifft die Regelung des § 20 BORA sowie die Entscheidung des OLG München lediglich Rechtsanwälte. Für Staatsdiener hingegen gelten von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen, die von den jeweiligen Justizministerien erlassen worden sind.

Ausgangspunkt für diese Regelung in Bayern ist die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz über die Amtstracht der Rechtspflegeorgane in Bayern vom 16. Oktober 1956 (Az.: 3152 – VI – 14136/56) und die dazugehörige Anlage.

Während die Bekanntmachung selbst nur relativ grundlegende bzw. allgemeine Maßgaben über die Beschaffenheit der Amtstracht gibt, finden sich dazu in der dazugehörigen Anlage sehr konkrete Ausführungen, die ferner sogar durch einzelne detaillierte Abbildungen beschrieben werden.

Doch zunächst zur Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz selbst: Hierin wird festgelegt, dass die Amtstracht für Richter, Staats- und Amtsanwälte, der Urkundsbeamten sowie der Rechtsanwälte – wenig überraschend – aus schwarzen Robe zu bestehen habe, welche wiederum aus feinem Kammgarnstoff, Kaschmir und Lasting zu anzufertigen ist.
Weiterhin wird ausgeführt, dass der Stoff des Besatzes je nach Amtsträger variiert: Richter, Staatsanwälte und Amtsanwälte tragen samtenen Besatz, Rechtsanwälte hingegen tragen einen Besatz aus Seide, während sich Urkundsbeamte wiederum mit Wolle zufrieden geben müssen.

Zusätzlich zur Robe ist unter dieser ein weißer Kragen mit darunterliegender weißer Halsbinde zu tragen, wobei Frauen laut der Anlage zur Bekanntmachung eine andere weiße Bekleidung (z.B. eine Bluse oder einen Schal) unter der Robe tragen dürfen.

Sehr ausführlich konkretisiert werden aber vor allem die Bestimmungen bezüglich des Besatzes und der Falten in der Anlage zur Bekanntmachung.

So hat beispielsweise der Besatz um den Hals 16 cm breit zu sein, der sich dann vorne auf bis zu 11 cm verschmälert. Bei Amtsanwälten gilt eine Breite von 10 cm am Hals, der sich dann vorne auf bis zu 8 cm verschmälert.

Bezüglich der Tiefe der Falten am Rücken der Robe gelten wieder einheitliche Regelungen: Das Rückenteil der Robe erhält in der Mitte eine Quetschfalte, bei der beiderseitig die Falte 2 cm tief liegt. Auf jeder Rückenhälfte nun wiederum sind zwei weitere zwei sogenannte tiefliegende Falten abzunähen, die je 1,5 cm Abstand zur mittleren Falte und eine Tiefe von 1,5 bis 2 cm aufzuweisen haben. Diese Falten sind unter dem Besatz zuzusteppen, um dem Rückenteil der Robe ihren weiten Fall zu geben.

Außerdem werden noch ziemliche ausführliche Regelungen zur Beschaffenheit der Ärmel getroffen: Bei einem Brustumfang von 96 cm haben die Ärmel an der unteren Kante eine Durchschnittsbreite von 76 bis 80 cm. Der Besatz der Ärmel besteht aus einem je 8 cm breiten Streifen aus dem gleichen Material wie für die Kanten. Der rechte Ärmel kann weiterhin über einen Knopf und ein Knopfloch verfügen, um so den Ärmel zur Erleichterung des Schreibens um das Handgelenk zu schließen.

Zudem gehörte bis zum 16. Februar 1970 ein Barett zum Teil der Amtstracht.

Insbesondere die Anlage zur Bekanntmachung wirkt eher wie eine Bedienungsanleitung zur Fertigung einer Robe für Schneiderinnen als eine gesetzliche Regelung für Staatsdiener.

Allerdings ist zu ergänzen, dass das Bayerische Staatsministerium für Justiz auf eine Anfrage der GARDE-ROBE Ende 2014 verlautbaren ließ, dass derzeit eine Neufassung der Amtstrachtsbekanntmachung von 1956 geprüft werde.

Es bleibt also abzuwarten, inwieweit es beim derzeitigen „Regelwerk“ bleibt. Dies insbesondere dann, wenn man bedenkt, dass sich prominente bayerische Juristinnen gerne modebewusst und bisweilen etwas unkonventionell einzukleiden belieben.

 

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